Lale-Andersen-Archiv

Die kuratierte Datenbank deutscher Populärmusik 1930 bis 1970

Lale-Andersen-Archiv
Blaue Nacht Am Hafen Spectre Media 2016
Autor: M. Deinert
28. Oktober 2016

Neue Doppel-CD „Blaue Nacht am Hafen“

Eine herausragende Herbstveröffentlichung der Serie „50 große Erfolge“ (Music Tales / Spectre Media), die mit ihrem zweiten Lale-Andersen-Doppelalbum erneut viele Lücken schließt und Aufnahmen unserer „Nordsee persönlich“ präsentiert, von denen einige seit 1960 – wie der Edith-Piaf-Erfolg „Milord“ in deutscher Sprache – nicht mehr zu hören oder neu zu bekommen waren.

Die Firma Music Tales / Spectre Media aus Murnau hat sich seit einiger Zeit schon als Herausgeber erschwinglicher CD-(Doppel-)Alben einen Namen gemacht – oft zu deutschen Musikgrößen der Wirtschaftswunderzeit, wie Hans Albers, Lonny Kellner, Freddy Quinn, Friedel Hensch, Willi Hagara, Lys Assia, Nana Mouskouri, usw. usf. aber auch Max Greger und dem Cornel-Trio, oder Maria Hellwig, Franzl Lang und den Geschwistern Fahrnberger. Meist mit dem Untertitel „50 große Erfolge“, vereinen die Alben einen guten Querschnitt durchs musikalische Schaffen des jeweiligen Künstlers, übrigens auch firmenübergreifend – was immer eine vielseitige Auswahl gewährleistet, also nicht festgelegt bleibt auf nur einen früheren Auftraggeber, Manager oder Vertrag.

Seit 27. Oktober 2016 ist zum zweiten Mal nun Lale Andersen berücksichtigt worden. Das erste 50-Erfolge-Album mit ihr erschien drei Jahre vorher. Der Verkauf muss sich zumindest insofern gelohnt haben, dass man ein weiteres Mal auf ihren Namen setzte.

Die äußere Aufmachung ist grafisch einnehmender als das 2013 veröffentlichte Album: Einerseits bunter, frischer, andererseits mit einem abendroten Hafen-Hintergrund versehen, was zur Stimmung und Titelauswahl natürlich passt. Auch die drei Jahre vorher erschienene Doppel-CD war zwar äußerlich mit ihrem Schwarzweiß-Bild passend zur Titelauswahl (sie bot mehr Chansons als Schlager), doch wirkt das 2013er Titelbild herb, während das jetzige prickelnder, aufgeladener, munterer wirkt.

Mit der Veröffentlichung dieses Albums liegen uns von 1988 bis heute nahezu(!) alle kommerziellen Aufnahmen Lale Andersens digital wiederveröffentlicht vor. Es fehlen noch jene Aufnahmen, die zu ihrer Zeit ausschließlich für ausländische Märkte gedacht waren (meist englischsprachig wie „Blue Moon“, „Happy Journey“, „The Harbour Bar“ usw., bei allen Plattenfirmen der 1940er bis 1960er Jahre, wovon bislang nur Polydor-Aufnahmen, dank der Bear Family, verfügbar sind), dazu einige Exoten (z.B. „Ich werde warten“, „München-Lied“, „Was ist ein Strand ohne Wind und Meer“, „Die kleine Bank im Alsterpark“, „Manieren der Matrosen“), Potpourri-Teile (wie „Zwischen Hamburg und Haiti“ oder „Eine Insel aus Träumen geboren“) sowie für den Verkauf verworfenes Unveröffentlichtes (das es teilweise erst noch in Archiven aufzustöbern gilt, wie „Gib mir ‘nen Kuss“, „Wenn der Waldemar Klavier spielt“, „Er – den ich so liebe“, „Schiffe, die sich nachts begegnen“, „So oder so ist das Leben“ und anderes).

Hierbei ist hervorzuheben, dass Music Tales / Spectre Media in der Serie auch bei anderen Künstlern darauf achtgibt, zugleich digitale Erstveröffentlichungen zu bieten – das heißt also Aufnahmen, die seit ihrer Originalausgabe auf Schallplatte nicht mehr wiederveröffentlicht wurden, die man seit etwa 1960 nicht mehr zu hören und zu kaufen bekam.

Die Lieder „Milord“ und die erste Fassung von „Auf allen Wogen“ (das Lied wurde ein zweites Mal 1965 für Ariola neu eingesungen) betrifft dies von Lale Andersen insbesondere – beide wurden unter dem eher randständigen Starlet/Supertone-Label veröffentlicht und zu ihrer Zeit wenig beachtet, wenig besprochen. Im Ergebnis blieben diese Aufnahmen nur eingefleischten Sammlern bekannt. Die normale Käufergruppe und Radiosender kannten sie nicht. Ähnlich die Lieder „Rote Rosen, weißer Jasmin“, „Herzen am Hafen“ und „Mach dir um mich doch bitte keine Sorgen“, die zwar Electrola herausgebracht, aber kurioserweise bei LP- und CD-Zusammenstellungen nie mehr berücksichtigt hatte. Hier schließt das neue Album also mehrere Lücken.

Die Doppel-CD bietet von Lale Andersen einen bunten, sehr guten Mix ihrer Aufnahmen der Jahre 1951 bis 1962, deckt also 10 Jahre, die Wirtschaftswunderjahre, ihres Schlagerrepertoires ab. Hier sind ausschließlich Aufnahmen für Industrieplatten berücksichtigt worden (LP und Single), also keine bis dato unveröffentlichten Aufnahmen, keine Funk- und-Fernseh-Produktionen, keine Live-Mitschnitte. Einige Lieder erscheinen erneut, wie schon 2013: „Ich schau den weißen Wolken nach“, „Matrosen aus Piräus“, „Einmal sehen wir uns wieder“, natürlich „Ein Schiff wird kommen“ sowie 13 weitere – allesamt Electrola-Titel der erfolgsstarken Zeit 1960-62, die man wohl auf jeden Fall als stilprägend und Evergreens dabeihaben wollte, und die in keiner anderen Aufnahme/Abmischung vorlagen.

Ob die Mono-Abmischung einer Aufnahme oder deren Stereo-Abmischung verwendet wurde, scheint dabei keiner speziellen Absicht geschuldet, sondern ebenfalls von der Erreichbarkeit des Aufnahmematerials abhängig gewesen zu sein. So lässt sich „Winter am Meer“ in mono hören, obwohl dies 1959 Lale Andersens erste Stereo-Aufnahme gewesen ist. (Electrola ist in diesem Jahr aufnahmetechnisch auf stereo „umgestiegen“, wenngleich die Firma erst Jahre darauf Stereoschallplatten für den wirklich breiten Markt presste.)

Auch späte Aufnahmen erscheinen teilweise in mono, wie „Grüß mir das Meer und den Wind“, „Ein bisschen Sehnsucht in den Augen“ oder „Der Junge an der Reling“. Diese Aufnahmen sind damals sämtlich in stereo produziert, aber als Single in mono abgemischt und veröffentlicht worden. Music Tales / Spectre Media veröffentlicht hierbei also den Klang, nicht wie er im Tonstudio zu hören war, sondern wie er sich Plattenkäufern damals präsentierte.

Auch „Ein Schiff wird kommen“ oder „Einmal sehen wir uns wieder“ und andere vielveröffentlichte Titel erscheinen in ihrer Mono-Fassung. Dies ist kein eigentliches Manko, wirkt nur mit Blick auf die im Beiblatt angegebenen Veröffentlichungsjahre anachronistisch: Denn zeitgleich herausgegebene Titel, wie „Maria-Marie“ oder „Ein fremder Mann“ lassen sich auf der CD in stereo hören, nicht wie auf der Vinyl-Single 1962 in mono.

Die diskografischen Informationen sind kurz gehalten – Komponist/Texter, Verlag und Veröffentlichungsjahr. Das ist, bedenkt man das eher geringe Interesse durchschnittlicher Musikhörer an genauen Aufnahmeumständen der Lieder, gut vertretbar.

Zu bedenken ist, dass an solche Informationen oft nur mit weiterer, manchmal zeitraubender Recherche heranzukommen ist, ohne dass dies vom Käufer tatsächlich gewürdigt würde (d.h. mit dem Hinnehmen eines deutlich höheren Kaufpreises). Ebenso kurz die biografischen Informationen, fast stichpunktartig aneinandergereiht; doch auch dies eine Konzession an den Käufergeschmack, was durch die inzwischen nun 83 bei Music Tales / Spectre Media veröffentlichten Lale-Andersen-Titel völlig wettgemacht wird. Man veröffentlicht eben CDs, keine Bücher oder Rechercheergebnisse. Für solche weiterführenden Informationen ist stattdessen (nun bald) www.lale-andersen.de wieder da!


Lale Andersen – Blaue Nacht am Hafen. 50 große Erfolge

Doppel-CD, MusicTales (Spectre Media) 2087457, EAN 4260320874576, LC 11391

CD 1:

  1. Lili Marleen 3:32
  2. Blaue Nacht am Hafen (Jealous Heart) 3:44
  3. Fernweh 3:14
  4. Am Kai bei der alten Laterne 2:46
  5. Ja, mein Hein ist der schönste Matrose 3:20
  6. Wenn die Matrosen tanzen 2:24
  7. Unter der roten Laterne von St. Pauli 1:57
  8. Blaues Meer 2:23
  9. Mach dir um mich doch bitte keine Sorgen (Ein Brief aus der Heimat) 2:22
  10. Hein Mück aus Bremerhaven 2:45
  11. Ein Schiff wird kommen 2:50
  12. Ein Schiff fährt nach Schanghai (Red Sails In the Sunset) 2:56
  13. Manchmal träum ich vom Kornfeld 2:32
  14. Ich werd‘ mich an den Jonny schon gewöhnen 3:09
  15. Ein bisschen Sehnsucht in den Augen 2:51
  16. Er sah aus wie ein Lord (Les amants merveilleux) 2:32
  17. Friesenlied (Wo die Nordseewellen…) 3:01
  18. Ein fremder Mann (Stranger on the Shore) 2:43
  19. Ich wünsch’ dir eine gute Fahrt 2:44
  20. Roter Rubin (When The Boy In Your Arms) 2:14
  21. Die Roseninsel (Down In the Valley) 2:29
  22. El Paso 2:30
  23. Rote Rosen, weißer Jasmin 3:11
  24. Milord 3:48
  25. Auf allen Wogen auf den sieben Meeren (Wie schön ist die Welt) 2:55

CD 2:

  1. Ich schau den weißen Wolken nach 2:19
  2. Fern, so fern von hier (Last Dance) 2:04
  3. On the Banks of Sacramento 2:43
  4. Grüß mir das Meer und den Wind 2:11
  5. Im roten Licht der Hafenbar 1:55
  6. Der Junge an der Reling 2:27
  7. Matrosen aus Piräus 2:15
  8. Der Leuchtturm, der grüßt aus der Ferne (Antje-Marie) 3:15
  9. Die Fischer von Langeoog 2:24
  10. Herzen am Hafen (Seemann, gib acht) 2:44
  11. Das rote Licht der kleinen Bar 3:06
  12. Einmal kommt das Glück zu dir (Born too Late) 2:04
  13. Winter am Meer (Fair Winds and Full Sails) 2:21
  14. Südwind, Westwind 3:12
  15. In unserem Garten blühen Rosen 3:32
  16. Maria-Marie 2:50
  17. Blue Hawaii 2:26
  18. Südseenacht (Aloahe) 3:06
  19. Armer kleiner Marinero 2:38
  20. Wenn du kein Mädel weißt (Good Night, Irene) 3:15
  21. Hafen-Harmonika 2:39
  22. Wo sind die Rosen? 3:29
  23. Einmal sehen wir uns wieder 2:23
  24. Moonlight and Roses 2:38
  25. Wenn du heimkommst 2:33